Logo - Swiss Sailing

30.11.2022Marketing

Die Surf Queen setzt sich die Krone auf

Endlich, endlich geschafft. Seit 2019 versuchte die Urner Speedsurferin Heidi Ulrich den dritten Weltrekord zu knacken. Im extra ausgebaggerten Kanal in Namibia konnte sie am letzten Wochenende in der Königsdisziplin über 500 Meter mit 47,16 Knoten, also fast 90 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit, einen neuen Rekord aufzustellen. In den Schoss gefallen ist ihr dieser Erfolg aber nicht. Seit Ende Oktober hat sie an diesem unwirtlichen Ort am Ende der Welt während vier Wochen ausgeharrt, auf Wind gewartet und unzählige Versuche unternommen, bis es endlich klappte. Jetzt hat sie ihr grosses Ziel erreicht, sie ist «World's fastest woman on open water», die schnellste Frau über alle Disziplinen.

Text: Walter Rudin / Photos : Jaco Wolmarans 

2019 hatte die ehemalige Beachvolleyballerin, die erst mit 27 Jahren durch ihren Freund Christian Arnold zum Windsurfen kam, die verrückte Idee, drei Weltrekorde zu brechen und kam auch schnell zum Erfolg. Beim Event „Prince of Speed“ erzielte sie den Weltrekord über die nautische Meile noch im selben Jahr, dieser hatte 12 Jahre gehalten. Den Weltrekord über eine Stunde brach sie kurze Zeit später ebenfalls in Frankreich gleich beim ersten Versuch. Nur mit dem dritten Rekord, der Königsdisziplin über 500 Meter, da wollte es bisher nicht klappen. Die Bestmarke von 46,5 Knoten zu knacken, ist nur in einem speziell einmal im Jahr ausgebaggerten Kanal in Namibia möglich. 2019 hatte sie dort den Rekord nur um 0.3 Knoten verfehlt.  

Die letzten beiden Jahre herrschte coronabedingte Zwangspause, eine Reise nach Afrika war nicht möglich. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, es blieb Zeit, sich mit perfektem Material gezielt auf den Kanal und den Weltrekord vorzubereiten, diesen Herbst musste es einfach klappen. Dass sie diese Saison in Topform ist, hatte sie mit zwei eindrücklichen Siegen an der Dunkerbeck Speed Challenge bewiesen.  

Kein Wind 

Ende Oktober reiste Heidi mit ihrem Freund nach Namibia, einen Monat hatte man hier für Rekordversuche Zeit. Bereits bei der Anreise gab es einen Schreckmoment. Kurz vor der Ankunft am Zielort Lüderitz brach sie sich einen Finger. Wer Heidi aber kennt weiss, durch solche Dinge lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen. «Was dich nicht tötet, macht dich nur stärker, surfen ist trotzdem möglich», postete sie auf Facebook. 

Doch dann begann das grosse Warten, wochenlang gab es zu wenig Wind, der Windwinkel war nicht optimal oder der Kanal zu krabbelig. Nicht einfach die Motivation über eine so lange Zeit aufrecht zu erhalten. In der dritten Woche die ersten Lichtblicke: mit einem GPS-aufgenommenen 2s Maximum von wahnsinnigen 49,3 Knoten (91,3 km/h) wurde sie offiziell die schnellste Windsurfer Frau der Welt. «Das schnellste Mädchen aller Zeiten auf GPS klingt toll. Mein Lächeln ist zurück nach einer emotionalen Achterbahn», twitterte sie. «Jetzt gibt es nur ein Ziel, auf das ich mich für die nächsten windigen Luderitz-Tage konzentrieren werde, den 500m zwischen den offiziellen Worldrecord-Gates zu zerschlagen.» 

Auf den letzten Drücker 

Die Zeit schien davonzurennen, die Hoffnung blieb, Heidi wusste, sie und ihr Material waren ready sobald bessere Konditionen kommen. Und die kamen tatsächlich noch, am zweitletzten Tag gab es optimale Verhältnisse. Die 38-Jährige erinnert sich gerne daran: «Ich startete wie immer als erste um mich einzufahren. Der Wind war super und ich packte schon 8 kg Blei auf den Rücken um das Segel stabil halten zu können. Trotzdem war ich noch zu leicht. Mein Freund packte mir nach dem dritten Run 4 kg Blei dazu und sagte, der Wind drehe und werde stärker, ich solle sofort nochmals gehen und dranbleiben. Ich spürte, wie der Wind von hinten das Segel füllte und mich nach vorne pushte. Es hat sich total easy angefühlt. Und dann im Finish, ich traute meinen Augen nicht, mein GPS zeigte 46.8 Knoten, Weltrekord. Ich konnte mich nicht mehr halten.» Das Team fuhr zurück zum Start, wo alle schon jubelnd warteten. Doch Heidi wollte es gleich nochmals wissen und startete wieder um mit 47,2 Knoten ihren Rekord noch zu toppen. 

Auch ein paar Tage nach dem Rekord kann sie es immer noch nicht richtig realisieren: « Ich bin extrem stolz auf mich, dass ich nie aufgegeben habe und immer weitergekämpfte. Ja, ein Traum wurde war. Ein hart erkämpfter Traum. Ich bin stolz auf mich und auf meinen Freund. Ohne ihn hätte ich das alles nie geschafft.» Ob die ehrgeizige Speed Surferin jetzt genug hat? Wohl eher nicht. «Wenn der Kanal nächstes Mal ein bisschen weniger auf Downwind ausgerichtet ist, kann man da noch ganz andere Rekorde fahren. Ich weiss, es geht noch schneller», sagt sie. Also, freuen wir uns auf neue Rekorde im nächsten Jahr. 

Informiert bleiben

Abonniere unseren Newsletter und erhalte regelmässig Nachrichten zu Wettkämpfen, Ranglisten und allgemeinen News.